Reflexionsangebot
I. Die karitative Diakonie der Kirche
... das Tun, Tatsprache des Evangeliums, also die Handlung fand in offiziellen Äußerungen des Lehramtes in der Vergangenheit, im Vergleich zum Grunddienst der Wortverkündung und der Liturgie nur eine bescheidenen Erwähnung und beschämend geringe Reflexion.
Im neuen Katechismus der Katholischen Kirche von 2005 finden sich die Stichworte Diakonie oder Caritas nicht. Barmherzigkeit Gottes wird allein im Blick auf Vergebung von Schuld thematisiert.
Papst Benedikt XVI, stellt in seiner Enzyklika erstmalig die Praxis der karitativen Barmherzigkeit, das christliche Handeln, theologisch wie praktisch als "notwendig" in den Mittelpunkt und bezeichnet es als gleichwertig mit der gottesdienstlichen Praxis.
Zitat:
- "Die Mystik des Sakraments hat sozialen Charakter" (14).
- "Die Eucharistie zieht uns in den Hingabeakt Jesu hinein" (13).
- "Jesu indentifiziert sich mit den Notleidenden: den Hungernden, Dürstenden, den Fremden, den Nackten, den Kranken, denen im Gefängnis. In diesen Geringsten begegnen wir Jesus selbst und in Jesus begegnen wir Gott". (15).
- "Die Kirche kann den Liebesdienst so wenig ausfallen lassen wie Sakrament und Wort" (22).
D.h.: Die Liebe Gottes wird gerade auch im Zueinander der Liebe des Menschen um im Interesse am Schicksal anderer erfahrbar.
Und: Wo Interesse, Wertschätzung und Offenheit für das Leben anderer, insbesondere aber der sogenannten "Randgruppen"fehlen, gehen Gottesdienst und Sakrament ins Leere.
Der Papst zeigt die Wechselwirkung zwischen Gottes- und Nächstenliebe auf, von der das Neue Testament ( Erster Johannesbrif so eindringlich spricht.
Zitat:
- "Wenn die Berührung mit gott in meinem Leben fehlt, dann kann ich im anderern immer nur den anderen sehen und kann das göttliche Bild in ihm nicht erkennen. Wenn ich aber die Zuwendung zum Nächsten aus meinem Leben weglasse und nur 'fromm' sein möchte, nur meine "religiösen Pflichten" tun, dann verdorrt auch die Gottesbeziehung. Dann ist sie nur noch 'korrekt', aber ohne Liebe."
Für kirchliche Sozialarbeit heißt das:
Zitat:
- "Berufliche Kompetenz ist eine erste, grundlegende Notwendigkeit, aber sie allein genügt nicht. Für alle, die in den karitativen Organisationen der Kirche tätig sind, muss es kennzeichnend sein, dass sie nicht bloß gekonnt das jetzt Anstehende tun, sondern sich dem anderen mit dem Herzen zuwenden, so dass dieser ihre menschliche Güte zu spüren bekommt" (31 c).
- "Deswegen brauchen diese Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen/ Helfer neben und mit der beruflichen Bildung vor allem Herzensbildung:....so dass Nächstenliebe kein auferlegtes Gebot ist, sondern Folge ihres Glaubens, der in der Liebe wirkt." (31 a).
- "Die beste Verteidigung Gottes und des Menschen" ist "eben in der Liebe" (31 c).
- "Aufgabe der karitativen Organisationen der Kirche ist es, dieses Bewusstsein in ihren Vertretern zu kräftigen, so dass sie durch ihr Tun, Reden, Schweigen..glaubhafte Zeugen Christi werden" (31 c).
Papst Benedikt bezeichnet den Sozialdienst, den die Diakone der frühen Kirche zu leisten hatten, als "als ganz konkreten, aber zugleich geistlichen Dienst" (21) - analoges gilt dann auch für kirchliche Sozialarbeit heute; sie ist Seelsorge!
Für die christliche Gemeinde- und Verbändearbeit heißt es:
Zitat:
- "Liebe ist Dienst der Kirche, um unentwegt auch materielle Leiden und Nöte der Menschen zu begegnen." (19)
- "Wer im Namen der Kirche karitativ wirkt, wird neimals versuchen, den Glauben aufzudrängen versuchen....Liebe und Absichtslosigkeit sind das beste Zeugnis für Gott" (31 c).
- "Der Christ weiß, wann es Zeit ist, von Gott zu reden, und wann...., von ihm zu schweigen und nur einfach die Liebe reden zu lassen. Er weiß, das Gott Liebe ist und gerade dann gegenwärtig wird, wenn nichts als Liebe getan wird" (31 c).
- " Das christliche Liebeshandeln muss unabhängig sein von Parteien und Ideologien. Es ist nicht Mittel ideologisch gesteuerter Weltveränderung (31 b)".
- "Die Liebe ist umsonst; sie wird nicht getan, um damit anderer Ziele zu erreichen. (31 c)
Damit stellt die Enzyklika eine positive "Provokation" dar: denn die Botschaft der Enzyklika wird erst dann zur Quelle für das Leben von Menschen, wenn die Kirche lebensraumnah bei sich selbst beginnt.
Zitat:
- "Kirche ist Familie Gottes..In dieser Familie darf es keine Notleidenden geben. Zugleich aber überschreitet Caritas - Agape die Grenzen der Kirche..(25 b)
- "Kirche muss ein Ort.. sein für alle der Hilfe Bedürftigen, auch wenn diese nicht zur Kirche gehören" (32)