Dillingen,
Solch eine Erfolgsgeschichte nach
immer wieder fehlgeschlagenen Bemühungen um eine Ausbildung oder einen
dauerhaften Arbeitsplatz wird es künftig vielleicht nicht mehr geben. „Diesem
Projekt droht das Aus“, so Kreis-Caritasgeschäftsführer Stephan Borggreve. Der
Grund: Die Bundesregierung plant die öffentliche Förderung von Arbeitsförderungsmaßnahmen,
wie ALF es in Dillingen ist, drastisch einzuschränken und die Mittel dafür
deutlich zu kürzen. Öffentlich geförderte Arbeitslosenförderungsprojekte sollen
künftig auf „wettbewerbsneutrale“ Tätigkeiten beschränkt werden. Auch die
Maßnahmekostenpauschale soll deutlich gekürzt werden, so dass Personen mit
hohem Betreuungsbedarf nicht mehr gefördert werden können.
Borggreve hält diese Pläne für
„widersinnig“. „Erneut spart man an der falschen Stelle, nämlich bei den
Schwächsten.“ Für ihn sind die Sparpläne, die sich hinter den neuen Plänen für
die Arbeitsmarktreform
verbergen
, auch ein Schlag ins
Gesicht der arbeitslosen Menschen. Borggreve fragt sich auch, warum denn keiner
der verantwortlichen Politiker sich ernsthaft mit der Arbeit von ALF
auseinandersetzt. Er könnte ihnen viele Erfolgsgeschichten erzählen, die es
ohne ALF nicht gegeben hätte.
Seit 1998 besteht das Projekt in
Dillingen an der Max-Planck-Straße 1. Es dient Menschen, die auf eine längere
Arbeitslosigkeit zurückblicken, die ihre Spuren in ihrem Leben hinterlassen
hat. Dazu gehören neben dem sozialen und finanziellen Abstieg auch der Verlust des
Selbstwertgefühls und einer Tagesstrukturierung. Das führt zu sozialer
Isolation und Ausgrenzung. Psychische Erkrankungen und Suchtverhalten sind
nicht selten die Folgen. „Menschen mit diesen Vermittlungshemmnissen brauchen also
neben der Möglichkeit einer Beschäftigung eine fachliche Begleitung, die ihnen
hilft, sich z.B. sozial wieder zu stabilisieren und eine Tagesstrukturierung wieder
aufzubauen.“ Von den 57 Teilnehmern im letzten Jahr fanden 30 Prozent dadurch
einen Arbeitsplatz auf dem ersten Arbeitsmarkt. „Die öffentliche Hand und die
Gesellschaft hat dadurch langfristig sehr viel Geld eingespart“, weiß
Borggreve.
Andere konnten fit gemacht
werden für weitergehende Schulungsmaßnahmen oder gingen bestehende Sucht- oder
Schuldenprobleme an.
Wenn der Plan der Bundesregierung,
so wie er bislang im Referentenentwurf vorliegt, sich durchsetzt, wird die
Caritas in Dillingen wie auch in Augsburg oder Starnberg ihre
Arbeitslosenförderprojekte nicht mehr fortführen können. Bislang erhält ALF pro
Arbeitsfördermaßnahme je nach individueller Ausgangssituation des Betroffenen
durchschnittlich 400 bis 500 Euro. Damit sind die Kosten für die fachliche,
also sozialpädagogische und handwerkliche Begleitung sowie die strukturellen
Kosten im Großen und Ganzen abgedeckt. Nun plant die Bundesregierung diese
Maßnahmenkostenpauschale auf 150 Euro zu senken. „Die Förderung ist dann nicht
mehr möglich“, so Borggreve. „Die Langzeitarbeitslosigkeit wird zementiert.“
Was die Bundesregierung unter
„wettbewerbsneutral“ versteht, entzieht sich dem Caritas-Geschäftsführer.
Arbeitsförderungsprojekte sollten doch – so zumindest einmal die politische
Forderung – die Menschen wieder an den Arbeitsmarkt heranführen.
„Wettbewerbsneutral sind aber nur arbeitsmarktferne Tätigkeiten“, gibt er zu
bedenken.
„Wie sollen aber dann
langzeitarbeitslose Menschen dann an den Arbeitsmarkt herangeführt werden?“,
fragt Borggreve.
Menschen mit Vermittlungshemmnissen
müssten aber Leistungsvermögen durch Fordern und Fördern erlernen können –
durch eine Arbeit, die auf dem Arbeitsmarkt als Arbeit anerkannt werde. „Das
geschieht bei uns im Verkaufsbereich des Gebrauchtwarenkaufhauses, in der
Fahrradwerkstatt, durch Wohnungsauflösungen und Transporten und z.B. bei Landschaftsarbeiten
für Pfarreien und gemeinnützige Einrichtungen“, sagt Borggreve. Nur so könnten
die Projektteilnehmer auch ein Selbstwertgefühl und berufliche Grundfähigkeiten
erlernen, die sie für den Arbeitsmarkt interessant machen. „Die Pläne der
Bundesregierung gehen über die Köpfe der Langzeitarbeitslosen hinweg, planen am
Menschen vorbei und sind deshalb unsozial“, schimpft der
Caritas-Geschäftsführer.