Augsburg, 15.3.2012 (
pca
). 1,5 Millionen Menschen in Deutschland sind
alkoholabhängig. 400.000 davon sind 60 Jahre alt und älter. Die deutliche
Mehrheit von ihnen sind Männer. „Und dennoch ist Alkoholsucht im Alter in
unserer Gesellschaft weitestgehend noch ein Tabuthema“, so Edith
Girstenbrei-Wittling, die die Caritas-Suchtberatungsstelle in Augsburg leitet.
Auch die offiziellen Schätzungen für einen problematischen Medikamentenkonsum
in dieser Altersgruppe stimmen in der Tat nachdenklich. Über eine Million
Menschen über 60 Jahre sind abhängig von Schlaf-, Beruhigungs- und
Schmerzmitteln.
Die Caritas und die Katholische
Erwachsenenbildung hatte im Rahmen des Augsburger Suchtforum zu einem
Informationsabend über „Alter und Sucht“ eingeladen. Vor allem Pflegefachkräfte
hörten der Referentin aufmerksam zu. Und das nicht ohne Grund. Laut einer
Untersuchung des Bundesgesundheitsministeriums würden 14 % der Menschen, die
von ambulanten oder stationären Pflegediensten betreut werden, einen
problematischen Alkohol- und Medikamentenkonsum aufweisen.
„Viele zu viele wissen nichts von den
Nebenwirkungen von Schlaf-, Beruhigungs- sowie Schmerzmitteln und von deren
Entzugssymptomen und deren Wirkungsumkehr. Auch das Risiko der Abhängigkeit bei
einer Dauermedikation mit Schlafmitteln wird viel zu wenig beachtet“, so die
Beraterin der Caritas.
Bei den
Psychopharmaka werde nicht beachtet, dass der Alkohol bei gleichzeitiger
Einnahme von Psychopharmaka die Beschwerden verstärkt, gegen die das Medikament
eingenommen wird. „Das verhindert eine erfolgreiche medikamentöse Therapie.“
Besonders problematisch sei der
Konsum von Alkohol und Medikamenten bei älteren Menschen deshalb, weil sich der
Stoffwechsel im höheren Alter verlangsamt und so der Abbau dieser Stoffe länger
dauert als im jüngeren Alter. Bei den Schlaf- und Beruhigungsmitteln zum
Beispiel führt der langsamere Stoffwechsel dazu, dass sich deren Wirkung ab dem
Alter von 65 Jahren um 10%, ab 75 Jahren sogar um 20% erhöht. Die Dosierung
muss also dem höheren Lebensalter angepasst, d.h. entsprechend reduziert werden
Die Alkoholverträglichkeit sinkt,
weil der Flüssigkeitshaushalt des älteren Körpers zurückgeht. D.h. dass
gleichzeitig der Alkoholspiegel anteilsmäßig an der geringeren
Körperflüssigkeit steigt. Gleichzeitig erfolgt der Abbauprozess langsamer.
Eine problematische Abhängigkeit
von den beiden Suchtstoffen zeige sich zum Beispiel durch
Gleichgewichtsstörungen, wiederholte Stürze, Gesichtsröte, Muskelschwächen und Gedächtnisschwund,
so Girstenbrei-Wittling. „Doch diese Hinweise werden oft als anfangende
Alzheimer-Erkrankung oder Demenz diagnostiziert“, so die Caritas-Beraterin.
Viele Abhängigkeiten bleiben auch im Verborgenen, vor allem weil die älteren
Menschen allein zu Hause leben. „Dass rund 50% der Abhängigen unter den älteren
Menschen ab 60 Jahren nicht erkannt werden, ist auf jeden Fall viel zu viel“,
bedauert Girstenbrei-Wittling.
Merkmale der Abhängigkeit:
+ Starker Wunsch/Zwang
+ Verminderte Kontrollfähigkeit
+ Körperliche Entzugssyndrom (wie z.B. Unruhe, Zittern, Schwitzen)
+ Entwicklung einer Toleranz
+ Fortschreitende Vernachlässigung anderer Vergnügen
+ Anhaltender Substanzkonsum trotz des Nachweises eindeutiger schädlicher
Folgen (z.B. Leberschädigung)
Nach der Internationalen
Klassifikation der Krankheiten ICD-10 reichen drei der Kriterien aus, damit
eine Abhängigkeit besteht.
Kontakt:
Caritas-Suchtberatungs-
und Behandlungsstelle
Auf dem Kreuz 47
86152 Augsburg
Tel. 0821 3156-432
Fax 0821 3156-400
E-Mail:
psb-augsburg@caritas-augsburg.de
Online-Beratung:
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