Augsburg, 13.06.2014 (
pca
).
Marianne M. (Name wurde geändert) hat Mietschulden. Einmal zahlt sie ihre
Monatsmiete, dann wieder nicht. Spricht die Vermieterin sie an, reagiert sie
aggressiv und ungehalten, ja „überheblich und unhöflich“, so die Vermieterin. Doch
Marianne M. weigert sich mit ihrer Vermieterin zu reden. Anstatt zu einer
kostenlosen Schuldnerberatungsstelle der Wohlfahrtsverbände zu gehen, vertraut
sie sich einem Finanzberater an. Der arbeitet aber nicht kostenlos.
Ihre Vermieterin, die nicht namentlich
genannt werden will, tat hingegen etwas Ungewöhnliches. Sie ging nicht zum
Rechtsanwalt. Sie interessierte sich für die Schuldnerberatung der Caritas in
Augsburg und folgte deshalb der gemeinsamen Einladung von Caritas und der Katholischen
Erwachsenenbildung zu einem Vortragsabend. Sie wollte wissen: „Was kann ich
tun?“
Rainer
Storf
,
Schuldnerberater der Caritas, spricht normaler Weise mit Mietern, denen wegen
ihrer Mietschulden die Wohnung gekündigt wurde. „Eine existenzbedrohende
Situation“, unterstreicht er. Bereits am Telefon würden dabei die Mieterrechte
geklärt und erste Schritte zur Klärung der Situation eingeleitet. Der
Vermieterin hilft diese Auskunft nicht weiter. „M. weiß das alles schon“, sagt
sie.
Im Gespräch tritt dann zutage, was mit
Marianne M. los ist. Ihr Mann hatte sie mit den beiden gemeinsamen Kindern
sitzen lassen. Sie muss jobben gehen. Und dennoch scheint ihr das Geld nicht
auszureichen. Sie ist also keineswegs faul. Sie scheint auch eigentlich nicht
über ihre Verhältnisse leben zu wollen. „Das sind nur Vorurteile. In
Wirklichkeit verbergen sich hinter einer Verschuldungssituation viel tiefer
sitzende Probleme“, warb
Storf
um Verständnis.
Er ging nicht auf die psychischen
Belastungen ein, die der Verlust der Partnerschaft für die Frau und des Vaters
für die Kinder wohl bedeutet. „Sie können sich aber sicher sein, jedem
Schuldner geht sein Problem nahe.“ Er fange eine Maske zu tragen, weil er seine
Hilflosigkeit nicht offen zeigen möge. Bei jedem Schuldner werde die Seele
krank, „weil Schulden krank machen“. Depressionen und Burn-out seien klassische
Folgeerkrankungen von einer dauerhaften Überschuldungssituation. Das soziale
Netz bricht weg. Man trifft sich nicht mehr mit Freunden, „weil man sich schämt“.
Manche suchen einen Ausweg durch Selbstmord.
„Passivität, Flucht und Rückzug“, das sind
klassische Verhaltensmerkmale von Schuldnern. Sie öffnen und beantworten die
Post nicht mehr. Und wenn sie einzelnen Zahlungsverpflichtungen nachkommen,
„tun sie es auf massiven Druck und Drohungen hin“. „Sie reagieren panisch,
bezahlen und haben dann kein Geld mehr für Strom und Miete.“ Auf Gläubiger reagieren
sie dann mitunter „aggressiv“.
Die meisten Schuldner seien in einem
„Tunnelblick“ gefangen.
Storf
sieht es deshalb als
eine erste Aufgabe an, Betroffenen durch seine Beratung wieder „Mut und eine
Perspektive“ zu geben. Gemeinsam würden die finanziellen Rahmenbedingungen von
Einnahmen und Ausgaben bzw. Zahlungsverpflichtungen analysiert und geklärt,
auch die Existenz zu sichern. „Und dann erarbeiten wir uns zusammen im
gegenseitigen Dialog die verschiedenen Möglichkeiten, aus der
Überschuldungssituation wieder raus zu kommen“, erklärt
Storf
.
Der Vermieterin gab
Storf
deshalb den Rat, Marianne M. zu empfehlen, zu der Schuldnerberatungsstelle der
Wohlfahrtsverbände zu gehen. „Erstens ist sie kostenlos, zweitens steht bei uns
ihre Situation im Mittelpunkt und drittens können wir hier vielleicht auch als
Mediatoren helfen.“
Arbeitsschritte in
der Schuldnerberatung:
·
Kontaktaufnahme und Klärung der Rahmenbedingungen
(Eröffnungsphase)
·
Sicherung des Lebensunterhalts (Existenzsicherung)
·
Datensammlung
·
Analyse der wirtschaftlichen und sozialen Situation
(Phase der Interpretation)
·
Entwicklung von Handlungsabläufen
·
Vereinbarung konkreter Handlungen der Problembearbeitung
Kontakt:
Schuldner- und Insolvenzberatung für die Stadt Augsburg:
Caritasverband
für die Stadt und den Landkreis Augsburg e.V
Depotstr. 5
86199 Augsburg
Telefon: 0821 57048-34
Fax: 0821 57048-40
E-Mail:
schuldnerberatung@caritas-augsburg-stadt.de
insolvenzberatung@carias-augsburg-stadt.de
Schuldner- und Insolvenzberatung für den Landkreis Augsburg:
Diakonisches
Werk Augsburg
Spenglergässchen
7a
86152 Augsburg, Bayern
Tel: 0821 3204 -220, -219, -189