Aichach, 12.02.2014 (
pca
). Er
ist eigentlich nie krank, will, ja muss arbeiten, um sich gut zu fühlen, und
hat nichts dagegen, den ganzen Tag im Freien zu arbeiten. Das sind alles
perfekte Voraussetzungen für einen guten Arbeitsplatz, die Thomas Friedl
mitbringt. Doch erst jetzt kann der 33-jährige Aichacher seine Talente,
Eignungen und Neigungen in eine Arbeitsstelle einbringen. Die Aichacher Firma
Hecken
Hutzler
für Garten- und Landschaftsbau hat ihm
eine Arbeitsstelle angeboten. So normal, wie sich das anhört, ist es aber
nicht. Friedl hat nämlich wegen seiner Einschränkungen zuvor in den
Ulrichswerkstätten
Aichach in der Leichtmontage und als
eifriger Hilfshausmeister mitgearbeitet.
Werkstattbeschäftigte hatten früher
auf dem Ersten Arbeitsmarkt eigentlich keine Chance. Die politischen und
gesetzlichen Vorgaben waren erfüllt, wenn sie in einer Werkstatt für Menschen
mit Behinderung einen für sie passenden Arbeitsplatz hatten. Mit der
UN-Behindertenrechtskonvention hat sich dies geändert. Jetzt gilt es,
Möglichkeiten und Wege für eine gleichberechtigte aktive Teilhabe am normalen
Leben zu schaffen. Das betrifft auch den Arbeitsmarkt. Dass nicht jeder Mensch
mit einer Behinderung für den ersten Arbeitsmarkt geeignet ist, ist kein
Geheimnis. Aber es gibt einige, die dort gut mitarbeiten können, aber
Betreuung und Begleitung an diesem Arbeitsplatz brauchen. So wurde das Angebot
der „Ausgelagerten Arbeitsplätze“ bzw. „Außenarbeitsplätze“ geschaffen.
Für die Firmen entsteht keinerlei Risiko. Diese neuen
Mitarbeiter behalten nämlich ihren Beschäftigungsvertrag mit den Werkstätten.
Außer es wird nach einer bestimmten Zeit anderes vereinbart. Die Werkstätten
halten regelmäßig – anfangs häufiger, später aber mindestens einmal im Monat –
Kontakt mit dem Betreuten in der Firma, mit deren Beschäftigten und Chefs, so
dass die sozialpädagogische Beratung und Unterstützung stets gewährleistet
ist. Für den Aichacher Raum ist Johannes Kuderna verantwortlich.
Friedl hatte anfangs Schwierigkeiten bei der Firma
Hecken-
Hutzler
. Das lag nicht an den Kollegen. Bei
der Pflanzenpflege war er anfangs unbeholfen. Wenn der Rasenmäher abstarb,
wusste er anfänglich nicht mehr weiter und tat sich schwer, dies schnell zu
lernen. Thomas
Hutzler
, der Firmenchef, verfolgt
hierbei klare Prinzipien. „Wir können da keine 1:1-Betreuung abstellen“, sagte
er. Deshalb rief er Kuderna an, um mit ihm über seine Bedenken zu sprechen.
Kuderna tat dann das, was zum Konzept der Außenarbeitsplätze gehört. „Wir
lassen weder den Betreuten, noch die Firma allein.“ Kuderna begleitete dann
zwei Wochen lang Friedl bei der Arbeit und studierte mit ihm all die
Fertigkeiten ein, die er brauchte. „Jetzt passt es“, so auch
Hutzler
. Stolz ist er auch auf seinen Mitarbeiterstamm. „Da
gibt es keinerlei Diskriminierung.“
Auch Eva Burkhard (21) hat einen Außenarbeitsplatz
gefunden. Jeden Dienstag arbeitet sie nun im Integrativen Kinderhaus der
Lebenshilfe in Aichach. „Für uns war es keine Frage, ihr diese Möglichkeit zu
bieten“, sagt der Heilerziehungspfleger Martin
Sprenzl
.
Gemeinsam mit seiner Gruppenleiterin, der Heilpädagogin Kati Herrmann, haben
sie Burkhard Schritt für Schritt an ihre Aufgaben herangeführt. „Sie lernt bei
uns, selbst Verantwortung zu übernehmen.“ So übertrug man ihr bestimmte
einzelne Aufgaben. Sie muss den Gruppenraum für die Kinder vorbereiten und zum
Beispiel die Stühle herunterstellen. Sie hilft bei der Brotzeit und passt beim
Zähneputzen auf. Besonderen Spaß macht es ihr, mit den Kindern zu spielen. „Eva
ist lustig und macht gerne Späße“, erzählt
Sprenzl
. „Auch
hat sie ein gutes Einfühlungsvermögen für Kinder.“ Und wie geht es ihr dabei?
„Mir gefällt es hier sehr gut“, sagt sie.
Eine ganz andere Fähigkeit bringt Johann
Tyroller
in seinen Arbeitsplatz als Verwaltungskraft mit.
Tyroller
hatte mit 25 Jahren einen Tumor. Seitdem kann er
nicht mehr gehen, auch seine Arme nicht nutzen und er braucht einen
Zwerchfellschrittmacher, weil seine Lungen nicht selbständig atmen.
Sein „eigentliches“ Problem aber, so der heute 56-jährige
Tyroller
humorvoll, sei sein bayerischer Dialekt. Er
nutzt nämlich eine Sprachsteuerung für seinen Computer. „Die Software versteht
aber nur Hochdeutsch.“ Von Montag bis Freitag fährt er mit seinem Betreuer für
vier Stunden zum Haus St. Vinzenz, einer Wohnstätte für Menschen mit Behinderung.
Dort hat er sein Büro. Er schreibt Dienstpläne und Listen und kümmert sich um
den Schriftverkehr mit den Krankenkassen. Privat ist er manchmal für Vereine
als Journalist unterwegs.
Tyroller
ist dankbar für
seine Arbeit. „Ich bin begeistert“, erzählt er, auch weil er und seine Arbeit
„voll anerkannt“ würden. „Das gibt mir ein gutes Selbstwertgefühl. Ich habe
eine Aufgabe, ich habe eine Pflicht zu erfüllen.“ Zudem komme er raus unter
andere Menschen.
Robert Winzer, Leiter der
Ulrichswerkstätten
Aichach, erkennt genau darin, einen großen Vorteil der „Außenarbeitsplätze“.
„Sie kommen raus und lernen andere Menschen kennen. Sie erfahren Wertschätzung,
ihr Selbstwertgefühl, aber auch ihre soziale Kompetenz werden gestärkt.“ Und
die Firmen, die sich bereit erklären, einen Menschen mit Behinderung auf einem
Außenarbeitsplatz zu beschäftigen, „gewinnen Mitarbeiter, die Spaß an der
Arbeit haben und auch sehr fleißig sind“.
Info und Kontakt:
Dipl.-
Soz.päd
. (FH) Tanja Güntner
Bildungsbegleiterin und
Qualifizierungsbeauftragte
Ulrichswerkstätten
Augsburg
CAB Caritas Augsburg
Betriebsträger
gGmbH
Ressort Behindertenhilfe
Hanreiweg
9
86153 Augsburg
Tel. 0821 / 5606-212
E-Mail:
t.guentner@cab-b.de
Johannes Kuderna
Ulrichswerkstätten
Aichach
Sozialdienst/Qualifizierungsbeauftragter
Flurstraße 52
86551 Aichach
Tel. 08251 8762-116
E-Mail:
j.kuderna@cab-b.de
Dipl.-
Soz.päd
. (FH) Julia
Endris
Bezirk Schwaben
Sozialverwaltung
Hafnerberg 10
86152 Augsburg
Tel. 0821 3101-4189
E-Mail:
julia.endris@bezirk-schwaben.de