Augsburg, 13.06.2014 (
pca
).
Wann immer an einem Ort eine Asylunterkunft eingerichtet wird, gibt es zunächst
Unmut, Proteste, zuweilen auch gerichtliche Auseinandersetzungen. Manche fühlen
sich wegen der Asylbewerber nicht mehr so. Das war in der Augsburger Ottostraße
im Viertel Rechts
der Wertach
im vergangenen Jahr
nicht viel anders. Schaut man heute dort vorbei, merkt man schnell, dass die
Sorgen und Ängste von damals einem guten Miteinander gewichen sind.
„Es hat sich hier gezeigt, dass, wenn man
sich für die Integration wirklich einsetzt, sie auch gelingen kann und unnötige
Probleme nicht entstehen müssen.“ Davon ist Brigitte Zinsmeister von der
Caritas überzeugt. Ihre Kollegin Ulrike Bunk-
Öszoy
vom Diakonischen Werk Augsburg teilt diese Auffassung. Und zwar nicht nur, weil
sie dort für die beiden kirchlichen Wohlfahrtsverbände für die Asyl- und
Flüchtlingsberatung zuständig sind. „Das gute Miteinander hier in der
Ottostraße ist der Beweis dafür.“
Selbstverständlich stehen die beiden Damen
allen im Haus mit Rat und Tat zur Seite, wenn es um die vielen praktischen
Fragen geht. Wo gibt es das
Asylgeld
? Wie und wo wird
die Hartz-IV-Unterstützung für die Kontingentflüchtlinge beantragt? Was muss
man tun, um zum Arzt gehen zu können? Wo kann eine werdende Mutter ärztliche
Hilfe erhalten? Wie sieht es mit der Schulpflicht aus? „Wenn wir in ein anderes
Land flüchten müssten, würden wir dort die selben Fragen stellen“, sagt Bunk-
Öszoy
.
Aber das ist nicht alles, was die Frauen und
Männer in der Ottostraße bewegt. „Die Flüchtlinge haben Schreckliches erlebt,
Gruppenvergewaltigungen auf einem Flüchtlingsboot, lange schlimme
Gefängnisaufenthalte, Gewalt und Terror im Bürgerkrieg“, so Zinsmeister. Sie
suchen deshalb das Gespräch, „weil sie ihre Erlebnisse los werden und
mit einer neutralen Person darüber sprechen
wollen“. Dabei noch in der Muttersprache davon erzählen zu können, hilft sehr.
Die Mitarbeiterin der Caritas
Lujaina
Toumeh
stammt aus Syrien und steht den Flüchtlingen als
Dolmetscherin zur Seite.
Zinsmeister und Bunk-
Öszoy
wissen, dass sie gleichsam nur einen Rahmen bieten. Dass der Alltag in der
Ottostraße gelingt, habe sehr viel mit dem Unterstützerkreis zu tun. Als die
Bevölkerung ziemlich aufgebracht war, als sie von den Plänen erfuhr, in ihrem
Viertel eine Asylunterkunft zu eröffnen, bildete sich relativ spontan dieser Kreis.
Der Augsburger Verein „Tür an Tür“ half bei dessen Organisation. „Wir wollten
den Menschen zeigen, dass sie willkommen sind“, erzählt Bernd Hörath.
Einmal in der Woche schaut der Kreis in der
Unterkunft vorbei. Er hat dort sein eigenes Zimmer. Und wenn sie da sind, ist
das Zimmer voller Kinder und die Erwachsenen stehen vor der Tür. Die
Asylunterkunft in der Ottostraße gilt als die beste in Augsburg. Dennoch: Weiße
leere Räume bleiben ungemütliche weiße leere Räume, wenn man nichts tut.
Gemeinsam mit den Asylbewerbern und Flüchtlingen kümmert sich der Kreis um die
Raumgestaltung. Zudem führt der Kreis Filme zur Unterhaltung vor. Gemeinsam
arbeiten sie fleißig an einem interkulturellen Stadtplan für das Viertel. Die
„Clowns ohne Grenzen“ traten inzwischen auf. Und indem sie ständig Deutsch
sprechen und ihre Sprache erklären, sind sie eine sehr gute Unterstützung für
all jene, die an einem Deutsch-Sprachkurs von Tür an Tür teilnehmen. Auch
bieten sie Hausaufgabenbetreuung an. Denn die Kinder müssen hier in die Schule
gehen. Das bleibt nicht ohne Folgen. Denn durch den geregelten Alltag in der
Schule und den Unterricht auf Deutsch finden sich die Kinder in der neuen
Umgebung oft besser als ihre Eltern zurecht, erzählt Rebecca Binder, die für
das Diakonische Werk Augsburg die Hausaufgabenhilfe in der Unterkunft koordiniert.
Bernd Hörath vom Unterstützerkreis fühlt
sich sichtlich wohl bei seinem Engagement. Der gebürtige Franzose Frédéric
Zucco
, seit 27 Jahren Augsburger, wie auch die Amerikanerin
Cynthia Byrne, die seit 37 Jahren in der Fuggerstadt lebt, bringen nicht nur
ihre Sprachkenntnisse mit ein. Das Gefühl fremd zu sein, ist ihnen nicht fremd.
Und dem Studenten der Politikwissenschaften und Soziologie Daniel Männlein
liegen nicht nur aus fachlichen Gründen interkulturelle Kontakte am Herzen. „Es
ist uns wichtig, den Menschen hier zur Seite stehen und etwas helfen zu können,
auch weil es uns allen in Augsburg gut tut, wenn wir voneinander lernen können“,
meint Hörath. „Und wir erleben es, wie dankbar Kinder, Frauen und Männer sind,
wenn man ihnen das schenkt, was jeder von uns will: Wertschätzung.“
Infos und Kontakt zum Unterstützerkreis:
www.otto-bekommt-asyl.de
E-Mail:
info@otto-bekommt-asyl.de