Krumbach, 16.05.2012 (
pca
). Jugendliche stehen im vollen Saft des Lebens. Sie
wachsen zu Erwachsenen heran. Sie haben – wie es so schön heißt – das ganze
Leben vor sich. Sie wissen um den Tod, er lässt sie aber ‚cool’. Doch das
scheint nur so. Monika Drexler ist die Einsatzleitung der Ökumenischen
Hospiz-Initiative Krumbach. Sie ist fest überzeugt: „Diese Coolness ist nur die
Oberfläche, darunter findet sich eine sehr empfängliche Sensibilität.“ Drexler
wird jedes Jahr von Religionslehrern an den unterschiedlichsten Schultypen eingeladen,
wenn der Lehrplan das Thema Sterben, Tod und Auferstehung vorgibt. Zwischen 17
und 20 Jahre sind die Schülerinnen und Schüler alt. 150 sind es etwa im Jahr,
denen sie dabei begegnet.
Drexler wird gerne eingeladen. Die
Lehrer wissen, dass sie als ausgebildete Hospiz- und Trauerbegleiterin wahrlich
genug Erfahrung mit dem Sterben, dem Tod und der Trauer der Angehörigen hat.
Ihre „Unterrichtsstunde“ läuft anders ab als sonst an der Schule. Im Stuhlkreis
sitzen sie beieinander.
Drelxer
beginnt mit einer
Meditation. „Wir alle brauchen die Ruhe, um uns mit uns selbst – und dazu
gehört auch der Tod – befassen zu können“, sagt sie. Dann spricht sie über die
Hospizarbeit, ihre Geschichte, ihre Formen und was Hospizhelfer alles leisten
können.
Bei ihr hört sich das nicht wie ein
trockener Theorieunterricht an. Drexler tritt authentisch auf. Sie erzählt
dabei von ihren Erfahrungen, von Kindern, Jugendlichen, jungen und alten
Erwachsenen, die an Krebs starben, Selbstmord begingen oder durch einen Unfall
aus dem Leben gerissen wurden. Sie hat auch Kinder begleitet, die wussten, dass
sie sterben müssten, und gerade deshalb ihr Leben auskosten wollten, noch
einmal ein Schnitzel vor sich ‚riechen’ wollten, obwohl sie es wegen der
Erkrankung nicht mehr essen konnten, oder die auf
Parties
gehen wollten und dafür keinerlei Verständnis fanden. Drexler erzählt nicht wie
eine nüchterne Berichterstatterin. Ihre Worte wecken Gefühle. Die Schülerinnen
und Schüler spüren irgendwie, dass das, was sie sagt, dem Leben entwächst, so
wie es eben ist, „und dazu gehört auch das Sterben“.
Tod und Trauer – bei Jugendlichen
hat das auch mit Scham zu tun, weil man eben nicht mehr so cool, so lebensfroh
und unbeschwert, also so unjugendlich ist. „Manchmal erlebe ich es, dass die
Mitschüler gar nichts davon wissen, dass in der Familie eines Mitschülers die
Mutter oder der Vater an Krebs erkrankt ist oder eine geliebte Verwandte
Selbstmord beging. Selbst beste Freundinnen wussten einmal nicht davon, dass
ihre Freundin einen Abgang hatte.“ Drexler muss immer wieder erleben, dass
Jugendliche nicht zu selten damit leben müssen, dass eine todbringende
Krankheit oder der Tod so nah an sie heranrückt.
„Die ganze Gefühlswelt der
Jugendlichen wird hin und hergerissen.“ Tod und Trauer schlagen auf sie mit
einer größeren Wucht ein als es bei älteren Erwachsenen ein, „weil es für die
jungen Menschen schwieriger ist, Tod und Trauer in ihrem Leben mit einzubauen“.
Zumeist zeigen Jugendliche nicht vor den anderen, wie sehr sie das, was Drexler
erzählt oder was sie selbst mitmachen mussten, bewegt. „Aber nach der Stunde
kommen manche zu mir und wollen einfach reden.“ Hin und wieder rufen die
Schülerinnen und Schüler auch bei ihr in der Dienststelle der Hospizinitiative
an und suchen das Gespräch. Einmal erhielt sie sogar einen Brief von einer
Schulklasse mit einer Spende für die Hospizinitiative.
„Die Jugendlichen haben ihr Herz am
rechten Platz. Sie lassen sich berühren, reagieren erschrocken, wenn ich ihnen
Beispiele erzähle. Da spüre ich echte redliche Teilnahme“, freut sich Drexler.
Und wenn der Gong zum Schluss der Unterrichtsstunde ertönt, „springt keiner
sofort auf. Das habe ich noch nie erlebt.“