Einwilligungsfähigkeit – Einwilligung in ärztliche Maßnahmen
Besonders relevant ist das Thema der Einwilligungsfähigkeit bei einem ärztlichen Heileingriff.
Die ärztliche Behandlung eines Patienten kann einen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit darstellen. Besonders augenfällig erfolgt dies beispielsweise bei einer Operation.
Nach allgemeiner Auffassung gilt dies aber auch für weniger offensichtliche Fälle der medizinischen Behandlung, wie etwa eine Medikation etc. Auch Untersuchungen, sofern sie invasiv sind, also in den Körper eingreifen (Sonden, Röntgen, Blutabnahme usw.) fallen unter diese Kategorie.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erfüllt ein ärztlicher Heileingriff in aller Regel den Tatbestand einer Körperverletzung. Der behandelnde Arzt ist dabei in der Regel nicht strafbar, da der Eingriff durch die Einwilligung des Patienten gerechtfertigt wird.
Dabei ist entscheidend, dass der Patient weiß, worin er einwilligt, das setzt eine umfassende, verständliche und rechtzeitige Aufklärung des Arztes voraus. Die Rechtsprechung hat folgenden Grundsatz erarbeitet:
Einwilligungsfähig ist, wer Art, Bedeutung und Tragweite (Risiken) der ärztlichen Maßnahme erfassen kann.
Ob und wie eine Person sich behandeln lässt, ist grundsätzlich allein deren Entscheidung. Hier greift das Recht auf Selbstbestimmung. In letzter Konsequenz bedeutet dies auch, dass eine medizinisch notwendige Behandlung auch abgelehnt werden kann.
Dabei kommt es nicht auf die Geschäftsfähigkeit des Patienten an, sondern auf seine Fähigkeit, die Komplexität des Eingriffs konkret zu erfassen. Diese Fähigkeit kann je nach der Art des Eingriffs und der Verfassung des Patienten auch bei dem Geschäftsunfähigen gegeben sein oder bei dem Geschäftsfähigen fehlen. Sie ist in erster Linie durch den jeweiligen Arzt zu beurteilen, auf dessen Strafbarkeit es ja auch ankommt.
Für die Beurteilung, ob der Patient im Hinblick auf den anstehenden medizinischen Eingriff nach seiner natürlichen Einsichtsfähigkeit Bedeutung, Tragweite und Risiken erfassen und seinen Willen hiernach bestimmen kann, ist Folgendes zu beachten:
- Je komplexer der Eingriff ist, in den eingewilligt werden soll, desto höher sind die juristischen Anforderungen, die an die Einwilligungsfähigkeit zu stellen sind.
Hieraus ergeben sich folgende Voraussetzungen für eine Einwilligungsfähigkeit:
- Der Patient muss über die Fähigkeit verfügen, einen bestimmten Sachverhalt zu verstehen (Verständnis);
- der Patient muss die Fähigkeit besitzen, bestimmte Informationen, auch bezüglich der Folgen und Risiken, in angemessener Weise zu verarbeiten (Verarbeitung);
- der Patient muss die Fähigkeit besitzen, die Informationen, auch im Hinblick auf Behandlungsalternativen, angemessen zu bewerten (Bewertung)
- der Patient muss die Fähigkeit haben, den eigenen Willen auf der Grundlage von Verständnis, Verarbeitung und Bewertung der Situation zu bestimmen (Bestimmbarkeit des Willens)
Bei psychisch kranken, dementen oder in sonstiger Weise in ihrer Willensbildung beeinträchtigten Patienten ist also stets im Einzelfall zu prüfen, ob Einwilligungsfähigkeit gegeben ist oder nicht.
Einwilligungsunfähigkeit
Ist eine Person einwilligungsunfähig, dann darf der Arzt auch bei einer Einwilligung dieser Person, den Eingriff nicht vornehmen. Ansonsten würde er eine Strafbarkeit wegen Körperverletzung riskieren.
In diesem Fall kann für den Einwilligungsunfähigen unter Umständen ein Betreuer bestellt werden, der an Stelle des Betreuten einwilligen kann. Sollte eine Patientenverfügung vorliegen, ist ein Betreuer in seinen Entscheidungen in jedem Fall an diese gebunden.
Dasselbe gilt auch für einen Bevollmächtigten, der aufgrund einer Vorsorgevollmacht, die den Bereich der Gesundheitssorge umfasst, tätig ist und seit dem 1.1.23 auch für den vertretungsberechtigten Ehegatten.
Allein der Umstand, dass ein rechtlicher Betreuer mit dem Aufgabenbereich der Gesundheitssorge bestellt ist, führt nicht zur Einwilligungsunfähigkeit der betreuten Person.
Die Person, die einwilligungsfähig ist, muss auch selbst einwilligen.
Um sicherzustellen, die Betroffenen in diesen Fällen nicht zu übergehen, muss sich die Ärztin oder der Arzt so gut wie möglich auf die jeweilige Patientin oder den jeweiligen Patienten einstellen und versuchen, ein Aufklärungsgespräch zu führen. Je nach Zustand und Verständnismöglichkeit soll ein Weg gefunden werden, ihr oder ihm die wesentlichen Umstände der vorgesehenen Behandlung zu erläutern (§ 630e Absatz 5 BGB).
Bei einem medizinischen Notfall z.B. Unfall kann und muss die Ärztin oder der Arzt auch ohne Einwilligung die entsprechenden lebensrettenden Maßnahmen ergreifen.
Quellen:
- https://www.ehrenamtliche-betreuer-bw.de/wissensportal-fuer-ehrenamtliche-betreuer/gesundheitssorge
- https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/5_Publikationen/Gesundheit/Broschueren/BMJ_Patientenrechte_Broschuere_bf.pdf
- https://www.lexikon-betreuungsrecht.de/Einwilligungsfaehigkeit