Augsburg, 27.01.2021 (pca). Eine Unterhaltung mit Gleichgesinnten auf Augenhöhe - das bedeutet für beide Gesprächspartner*innen zumeist eine klare und respektvolle Verständigung. Außerdem heißt es, dass man sich trauen darf, Fragen zu stellen, die man vielleicht nicht jeder/-m stellen würde. Peer-Beratung bzw. Peer-Unterstützung von Menschen mit Behinderung für Menschen mit Behinderung setzt genau hier an. Um dieses Beratungsangebot an Beratungsstellen für Menschen mit Behinderung mit aufzubauen, hat der Fachbereich Behindertenhilfe des Caritasverbandes für die Diözese Augsburg e. V. gemeinsam mit Vertreter*innen der angegliederten Dienststellen der Offenen Behindertenarbeit (OBA) und der Ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatungen (EUTB) die Schulung "Kurs zum Peer Berater für Menschen mit Lernschwierigkeiten" entwickelt und bildet nun auch Peer Berater*innen aus. Peer kommt aus dem Englischen und heißt übersetzt Ebenbürtige*r oder Gleichgestellte*r.
Menschen mit Lernschwierigkeiten werden sehr selten als mögliche Peer-Berater*innen wahrgenommen. "Unsere Schulung ist daher schon etwas Besonderes. Zur Umsetzung der Peer Beratung gibt es verschiedene Konzepte. Unser Konzept besteht unter anderem darin, dass die Peer-Berater*innen gemeinsam mit einem/einer professionellen Berater*in aus einer EUTB oder OBA-Stelle beraten. Daher haben wir beschlossen, auch die Ausbildung im Duo stattfinden zu lassen. Jeweils ein*e professionelle*r Berater*in und ein Peer sind beratend tätig. Die Rahmenbedingungen sind da ganz unterschiedlich. Manche der Duos beraten einmal in der Woche gemeinsam, andere nach Bedarf.", sagt Kathrin Schulan, Mitarbeiterin des Fachgebiets Behindertenhilfe im Caritasverband für die Diözese Augsburg. Zusammen mit Verena Rauch und Simone Sommer, auch beide tätig im Fachgebiet Behindertenhilfe, koordiniert sie das Projekt rund um die Peer-Berater*innen-Schulung. Nach und nach soll der Peer mit Lernschwäche die Kompetenzen sammeln, auch selbstständig Beratungen für Menschen mit Lernbehinderung zu führen. Für die Klientin oder den Klienten bedeutet das vor allem: Akzeptanz und Vertrauen. "Befähigung von Menschen mit Behinderung ist so ein wichtiges Thema. Ich bin ganz zuversichtlich, dass wir mit dem Peer-Gedanken in die richtige Richtung steuern", sagt Schulan.
Im November 2019 startete die erste Peer-Berater*innen-Schulung des Caritasverbandes. Die Schulung richtet sich an Menschen mit Lernschwierigkeiten, die Interesse daran haben, andere Menschen mit Behinderung zu beraten. "Die Besonderheit unserer Peer-Schulung liegt neben der gemeinsamen Schulung und Ausbildung im Duo darin, dass beide sich ständig gegenseitig unterstützen können", sagt Schulan. Die Schulung setzt sich zusammen aus einer einwöchigen Basisschulung sowie mehreren Tagen eines Aufbaukurses. Im Kurs beschäftigen sich die Teilnehmer*innen zum Beispiel mit der Rolle und den Aufgaben eines Peers, machen Übungen zur Gesprächsführung oder trainieren die eigene Reflexionsfähigkeit. Fünf Duo-Paare aus unter anderem Memmingen, Günzburg oder Augsburg nehmen an der aktuellen Peer-Schulung teil.
Eines der fünf Duo-Paare bilden Magdalena Otte und Matthias Foryschowski. Die 27-jährige Otte hat selbst Erziehungswissenschaften studiert und hat eine Körperbehinderung. Sie arbeitet als Beraterin bei der EUTB des Caritasverbandes für die Stadt und den Landkreis Augsburg. Foryschowski ist Mitte Dreißig und hat eine Lernschwäche. "Mein Peer, Foryschowski, hat es selbst geschafft, von einem Wohnheim in eine eigene Wohnung umzuziehen. Mit genau diesen Erfahrungen kann er nun andere Menschen mit Behinderung unterstützend beraten", sagt Otte. Neben Beratungsstrategien und zahlreichen Partnerübungen ist Otte vor allem eins im Kopf geblieben: "In der Schulung habe ich gelernt, wie meine eigenen Erfahrungen helfen können, ohne dass ich meiner Klientin oder meinem Klienten eine Meinung oder eine Vorgehensweise überstülpe", so Otte. Ganz besonders freut sie aber das, wie sie sagt, "Empowerment", das sie und ihr Duo-Partner Foryschowski im Rahmen der Schulung spüren. Mit Empowerment meint Otte, die Ermutigung, dass Menschen mit Behinderung an sich selbst und ihre eigenen Fähigkeiten und Möglichkeiten glauben. "Das ist wirklich toll. Außerdem haben wir gelernt, wie genau dieses Empowerment nun auch außerhalb des Kurses stattfinden kann". Otte und Foryschowski beraten Klient*innen, die zu ihnen in die Beratung kommen, zum Beispiel zum Thema barrierefreies Reisen oder zur Arbeit in Behindertenwerkstätten. Das Vorurteil, Menschen mit Behinderung könnten nichts, lehnt Otte strikt ab. Vielmehr haben Menschen mit Lernschwierigkeiten einen sehr unterschiedlichen Unterstützungs- und Assistenzbedarf. "Sie brauchen zum Beispiel eine leichte Sprache und intensivere Unterstützung", so Otte. Bei einer Beratung mit einem Duo-Paar erfahren Ratsuchende genau das: Verständnis der Berater*innen und ein passgenaues Beratungsangebot.
Die Schulungen sind aktuell noch nicht ganz abgeschlossen, da es aufgrund der Pandemie zu einer Verzögerung kam. Im vergangenen Dezember fand der erste digitale Aufbaukurs statt. Zu Gast war dabei die Behindertenbeauftragte der Stadt Augsburg, Claudia Nickl. Die Peer-Beratungen von Otte und Foryschowski haben indes schon begonnen. Foryschowski hat vorher schon ehrenamtlich bei der Teilhabeberatung der Caritas für die Stadt und den Landkreis Augsburg gearbeitet. Seit kurzem berät er nun mit seiner Duo-Partnerin Otte zusammen als "Peer-Berater". (Text: Karin Pill)
Pressemitteilung
Empowerment dank Peer-Schulung im Duo
Erschienen am:
27.01.2021
Herausgeber:
Caritasverband für die Diözese Augsburg e.V.
Auf dem Kreuz 41
86152 Augsburg
Auf dem Kreuz 41
86152 Augsburg
Beschreibung