Mindelheim/Augsburg, 01.08.2006 ( pca ) . Integrationsaktivitäten vor Ort zur Stärkung der gemeinsamen Bürgergesellschaft: das sind erklärte Ziele der Bundesregierung und des Integrationsgipfels von Mitte Juli 2006. Dazu beruft sie eigens Arbeitsgruppen. „In Mindelheim funktioniert diese Integrationsarbeit bereits bestens“, zeigt sich der Augsburger Diözesan-Caritasdirektor Prälat Peter C. Manz überzeugt, der vor dem Hintergrund der Integrationsansätze der Bundesregierung auf erfolgreiche Beispiele bei der Caritas aufmerksam machen will.
Die Caritas-Mitarbeiterin Annemarie Möhring sieht sich in ihrer langjährigen Arbeit als Beraterin für Flüchtlinge, Migranten und Aussiedler durch die Vorgaben des Integrationsgipfels bestätigt. „Wir bauen schon seit Jahren an einem Netzwerk aus Kirche, Wohlfahrtsverband, Bürgergesellschaft und Flüchtlingen bzw. Migranten für mehr Menschlichkeit und Integration“, so die Sozialpädagogin, die seit 1992 für den katholischen Wohlfahrtsverband arbeitet.
Möhring
betreut seit 2003 die Flüchtlinge in der
Mindelheimer Flüchtlingsunterkunft im ehemaligen Diakonissen-Haus. Derzeit
leben dort 55 Personen, Familien und allein stehende Frauen mit ihren Kindern. Gemeinsam
mit den ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des
„Integrationskreises Mindelheim“ betreut sie die Flüchtlinge, insbesondere auch
die Kinder. So bietet der Integrationskreis Hausaufgabenhilfen an. „Der
Integrationskreis bewegt Mindelheim, zieht andere – Ärzte, Lehrer, Handwerker,
Hausfrauen und andere mehr mit jeweils völlig unterschiedlichem sozialen,
politischen und religiösen Hintergrund - mit ins Boot. Er informiert die
Öffentlichkeit z.B. auch durch Veranstaltungen“, erzählt die
Caritas-Mitarbeiterin. In
dieses Netzwerk ist auch die katholische Pfarrei mit ihrem Pfarrer Wolfgang
Schneck sehr eng eingebunden. „Ich kann auf seine Unterstützung zählen.“ Für
Möhring
ist eines entscheidend: „Die Flüchtlinge – ob ohne
oder mit Anerkennung ihres Flüchtlingsstatus’ – spüren, dass sie in der
Gemeinde aufgenommen werden.“ Und die Flüchtlinge öffnen sich genau deshalb
leichter für die Mindelheimer, für Deutschland mit seiner Kultur und Sprache,
in dem sie nun leben.
Es gibt jedoch ein „Aber“. Man dürfe nicht nur die Oberfläche des Engagements sehen. Die Flüchtlings- und Migrationsberaterin weiß, dass sich die Ehrenamtlichen immer wieder großen Belastungen aussetzen. „Sie erfahren viel Schlimmes durch die Flüchtlinge, das muss verdaut werden können.“ Selbst die Hausaufgabenbetreuung ist zuweilen alles andere als einfach. „Da wird viel verlangt“. Deshalb sieht sich Möhring auch in der Pflicht, die Ehrenamtlichen nicht nur zu informieren, interkulturelle Kompetenz zu vermitteln, sondern sie will auch für die ehrenamtlichen Helfer eine menschliche Stütze sein. Für den Leiter des Migrationsreferates im Diözesan-Caritasverband, Wolfgang Friedel, ergibt sich daraus eine klare Aufgabendefinition für die Beratungsstelle: „Sie ist ein fester, zentraler Knotenpunkt im Netzwerk der Mindelheimer Integrationsarbeit, bündelt und wirkt wie ein Verteiler“.
Dazu braucht es Kompetenzen. „Man muss ein Universalist sein, juristisches Wissen sich aneignen, multinationale interkulturelle Kompetenz entfalten und ein feinsinniges pädagogisches Gespür für die vielfältigsten Problemstellungen in der Flüchtlings- und Migrantenarbeit haben“, so Möhring . Eine große Hilfe ist ihr, dass sie auf das Caritas-Netzwerk und deren Fachdienste zurückgreifen kann. Viele Frauen unter den Flüchtlingen sind traumatisiert. Sie leiden unter Angstzuständen, was kein Wunder ist, wenn man sie über ihre Flucht erzählen hört.
Die Flüchtlinge kommen zurzeit hauptsächlich aus Aserbeidschan, Armenien, Tschetschenien, Georgien, der Ukraine, aus dem Iran, Irak und aus Afghanistan wie auch aus Uganda. Sie bleiben so lange in der Flüchtlingsunterkunft, so lange ihr Asylverfahren nicht entschieden ist. Wenn sie einen positiven Bescheid und damit eine Aufenthaltserlaubnis erhalten, können sie das Flüchtlingsheim verlassen und eine Wohnung suchen. Doch auch dann können Probleme auftreten – bis hin zur Gewalt in der Familie und Alkoholmissbrauch. „Das Netz des Vertrauens, dass wir in der Anfangszeit ihres Aufenthalts aufbauen konnten, greift auch dann – und das freut uns.“ Die Menschen kommen zurück und suchen Hilfe bei der Caritas-Beraterin Möhring . „Die Wurzeln für die Integration aller Menschen mit Migrationshintergrund werden in den ersten Monaten gelegt, und sie müssen tief wurzeln, denn die Menschen legen ihren Migrationshintergrund ihr ganzes Leben lang nie gänzlich ab“.